Reiten auf der Fattoria Pieve a Salti – Interview Teil 1

Clara Heinkele kam vor über zehn Jahren als vamos Kinderbetreuerin in die toskanische Fattoria Pieve a Salti. Und blieb. Denn verliebt hat sie sich damals gleich zweifach: in die sanfte Hügellandschaft und in den ehemaligen Jockey Marco Dionisi. Mit ihm gemeinsam baute Clara den Reitstall auf, der schon viele Jahre zur Fattoria gehört. Etwa 35 Reitpferde gehen mit den Gästen auf geführte Ausritte in die traumhafte Umgebung. Das Besondere: Schon kleine Kinder ab 3 Jahren sitzen im Sattel großer Pferde. Über das Leben mit den Pferden und ihre Arbeit hat Beate Dalkowski mit Clara gesprochen.

Teil 1 des Interviews: Das Reitangebot im Reitstall der Fattoria Pieve a Salti

Liebe Clara, für so viele Pferde und Gäste verantwortlich zu sein, stellt sicherlich viele Anforderungen. Wie sieht es mit euren eigenen Erfahrungen im Bereich Reiten aus?

Marco ist ehemaliger Jockey, er arbeitet seit 30 Jahren mit Pferden und trainiert heute noch, neben der Reitstallführung, jährlich ein oder zwei Rennpferde. Im besten Fall für den berühmten Palio in Siena, ein weltweit bekanntes Traditions-Rennen.

Ich selbst habe keine spezielle Ausbildung, ich reite seit meiner Grundschulzeit. In meiner Freizeit reite ich meine beiden Dressurpferde. Aber als Reitführerin muss man gar nicht technisch besonders ausgefallen reiten oder eine Ausbildung wie Reitlehrer oder Pferdewirt haben. Viel wichtiger ist Routine im Sattel, denn die Aufmerksamkeit muss ganz bei den Gästen und deren Pferden liegen. Um sein eigenes Pferd man kann sich als Reitführer nur nebenbei kümmern. Für mich ist Reiten eine selbstverständliche, alltägliche Fortbewegungsart – wie zu Fuß gehen.

Bei eurem Reitangebot steht Ausreiten im Vordergrund, habe ich das richtig verstanden?

Ja. Das ist das, was die Gäste bei uns besonders genießen. Viele unserer Reitgäste reiten zu Hause vorwiegend im Viereck. Ausreiten ist in Deutschland, je nach Pferdehaltung oder Ausreitgelände, auch oft eine ziemliche Herausforderung. Bei uns ist es leicht. Und mit anderen Worten: Wir haben zwar auch einen Reitplatz, auf dem geritten werden kann, aber in einer so wunderschönen Kulisse wie der Toskana bietet sich Ausreiten und Reiten lernen auf Ausritten einfach an.

 

Mit kleineren Kindern reiten wir mit Handpferden aus. Und Kinder, die schon Reiterfahrung mitbringen, sind hier voll im „Bibi-und-Tina-Feeling“. Das ist für sie ein tolles Erlebnis, so richtig ausreiten können in der Gruppe, auf Vollblütern, auf großen Pferden. Manchmal frage ich mich, wenn unsere Gästekinder zu Hause ihren Reitlehrern erzählen, dass sie mit Vollblütern durch die toskanischen Hügel getrabt oder sogar galoppiert sind, trifft die dann der Schlag? Denken die, das geht ja gar nicht, wie kann das denn sein? Aber das geht, weil unsere Pferde sehr zuverlässig und gut ausgebildet sind und den Luxus eines Lebens im Freien auf riesigen Flächen genießen. Bei uns reiten Kinder und Erwachsene gemeinsam aus. Wir trennen nur nach Level: Anfänger, Medio und Experten. Zur Sicherheit aller achten wir immer auf bestimmte Regeln. Bei uns wird z.B. in einer Reihe hintereinander galoppiert, weil nebeneinander zu galoppieren den Spieltrieb der Pferde weckt.

Es ist wirklich ungewöhnlich, dass ihr schon kleine Kinder aufs Pferd setzt. Haben die Kinder denn keine Angst auf euren Großpferden?

Die Kinder finden die Höhe eigentlich nur dann beängstigend, wenn die Eltern davor stehen und sagen: Hast du denn gar keine Angst auf dem großen Pferd? Dann denken die Kinder: Oh, vielleicht sollte ich doch Angst haben?! Aber sonst macht die Höhe den Kindern meistens gar nichts aus.

Und wie genau klappt es beim Reiten mit den Kindern?

Die Kleinen reiten natürlich nicht gleich alleine. Kinder ab 3 Jahre reiten vor mir, Marco oder unseren Mitarbeitern mit. Dazu nehmen wir ein Schaumstoff-Pad statt des Sattels, auf dem haben das Kind und einer von uns bequem Platz. Allein im Sattel eines Handpferdes sitzen, das wir an einem Strick neben unserem Reitpferd führen, können Kinder je nach motorischer und kognitiver Entwicklung ab ca. viereinhalb Jahren. Sie müssen dazu der Schrittbewegung folgen und sich am Sattel festhalten können.

Selbständig reiten geht etwa ab Grundschulalter. Dafür müssen Kinder ein relativ gutes Gleichgewicht haben und eine gewisse Reaktionsgeschwindigkeit, damit sie sich, wenn das Pferd zum Beispiel stolpert, schnell am Sattel festhalten können. Sie können dann auch schon lernen, wie man die Zügel hält und einfache Hilfen gibt. Natürlich findet das selbstständige Kinderreiten nur auf den liebsten unserer lieben Pferde statt, z.B. auf dem 27-jährigen Boss, der ein nicht ganz reinrassiges englisches Vollblut ist. Solche Pferde sind für uns nicht nur Pferde, das sind unsere Kollegen und unsere Kinderbetreuer.

Dank deren Zuverlässigkeit schaffen es 8- oder 9-Jährige innerhalb eines Urlaubs schon mal vom Handpferd in die Trabgruppe, und sind dann sehr stolz. Kinder, die schon Reiterfahrung mitbringen, lernen hier vielleicht zu galoppieren. Wir bringen gerne Neues bei. Wir möchten doch alle etwas lernen, Neues ausprobieren, und auf uns selbst stolz sein! Aber im Urlaub wollen manche Kinder auch einfach nur Spaß haben und ihren Träumen nachhängen. Das ist natürlich genauso okay. Man muss auch nicht immer und überall Leistung bringen.

Auch viele Erwachsene lernen bei uns zu reiten oder sicherer zu reiten, und kommen im Urlaub bei uns ebenfalls ein paar Schritte weiter. Wir haben auch sensible und zart besaitete Pferde hier, die nur für gute Reiter geeignet sind. Gute Reiter freuen sich über solche Pferde.

Viele Kinder tüddeln gerne viel mit dem Pferd, putzen es oder flechten die Mähne. Was geht da bei euch außer Reiten?

Wenn die Kinder bei der Pflege helfen möchten, können sie das gerne tun. Das gehört bei uns nicht fest ins Programm, aber wir machen es gerne möglich. Irgendwas ist immer zu tun bei so vielen Pferden!

In Teil 2 des Interviews geht es um die Haltung der Pferde und Clara erklärt, warum englische Vollblüter oft viel zuverlässiger sind als Ponys.


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